Ein weiteres herausragendes Beispiel für ein im Lauf der Geschichte wiederkehrendes Handlungsmuster ist Pearl Harbor. "Es gibt keinen vernünftigen Zweifel an der These, dass der japanische Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1041 gezielt provoziert und zugelassen wurde, um die Unterstützung Öffentlichkeit für den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen", schreibt Rippy. "Wir haben keinen schlüssigen Beweis, dass Präsident Roosevelt den Plan kannte oder billigte, doch es gibt Beweise dafür, dass seine wichtigsten Berater für die Marine informiert waren, und es gibt eine Menge von Indizien, die eigentlich immer in dieselbe Richtung weisen: Auch FDR (Roosevelt) wusste Bescheid." Anm.17 Der amerikanische History Channel sendete unlängst die von der BBC produzierte Dokumentation Betrayal at Pearl Harbor. In dieser Sendung wurde gezeigt, wie gut der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt und seine wichtigsten militärischen Berater über das Problem eines unmittelbar bevorstehenden japanischen "Überraschungsangriffs" informiert waren, eines Angriffs, den die USA provoziert hatten. Doch diese Attacke wurde absichtlich zugelassen, um damit den Eintritt der USA in den Krieg zu rechtfertigen. Anm.18
Robert Stinnet hat mit seiner umfassenden Studie Day of Deceit: The Truth About FDR and Pearl Harbor eine detaillierte Dokumentation vorgelegt, die für diese These spricht. Stinnett weiß, wovon er redet. Er diente von 1942 bis 1946 in der US-Kriegsmarine und erhielt während dieser Zeit elf Auszeichnungen: zehn Battle Stars und eine Presidential Unit Citation für besondere Tapferkeit vor dem Feind. Für sein Buch wertete er in jüngster Zeit freigegebene amerikanische Dokumente aus und kam zu dem Ergebnis, dass Roosevelt nicht einfach nur den japanischen Plan für eine Bombardierung Pearl Harbors kannte, sondern sehr viel weiter ging: Er steuerte Japan mit kühler Berechnung in einen Krieg gegen Amerika hinein. Stinnett forschte für sein Buch 17 Jahre lang in Archiven, sprach mit Verschlüsselungsexperten der US-Marine und wertete über 200'000 Dokumente und Interviews aus. Anm.19
Die Meinungsumfragen zeigten noch im Sommer 1940, dass "die Mehrheit der Amerikaner gegen eine Beteiligung ihres Landes an den Kriegen Europas war" Anm.20 . Doch Roosevelts Berater waren der Ansicht, dass ein Sieg Deutschlands über England eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten, Kanada, und den größten Teil Südamerikas wäre. Viele Quellen und Dokumente zeigen, dass Roosevelt die Öffentlichkeit umstimmen wollte, in Richtung eines "Ja" zum Kriegseintritt der USA. T. North Whitehead, außenpolitischer Berater des britischen Premierministers Winston Churchill für die USA, schrieb in einem Rückblick Ende der Vierzigerjahre: "Die Sachen mit Amerika ist noch nicht gelaufen, aber der Präsident unternimmt wohl überlegte Schritte, um uns volle Rückendeckung zu verschaffen." Anm.21 James O. Richardson, der damalige Oberkommandierende der US-Flotte, zitierte Roosevelt später unter Bezug auf ein langes Gespräch mit dem Präsidenten im Oval Office mit der Bemerkung: "Früher oder später werden die Japaner einen Akt der offenen Aggression gegen die Vereinigten Staaten begehen, und die Nation wird zum Kriegseintritt bereit sein." Anm.22 Stinnett fasst seine Erkenntnisse wie folgt zusammen:
"Korvettenkapitän Arthur McCollum, ein Offizier des Marinegeheimdienstes, sah eine Gelegenheit, der amerikanischen Antikriegsbewegung entgegenzuwirken. Dazu musste man Japan zum Angriff auf die USA provozieren und die Voraussetzungen für gegenseitige Beistandsleistung im Rahmen des Dreimächtepakts schaffen. McCollums Vorschlag sah acht Provokationen an die Adresse Japans vor und ist in Form eines geheimen Memos vom 7. Oktober 1940 erhalten. Präsident Roosevelt handelte schnell und setzte im Lauf des Jahres 1941 sieben dieser acht Vorschläge in die Tat um. Japans autoritäres Militär nutzte die Provokation, um die Kontrolle über das Inselreich zu übernehmen, und bereitete die Streitkräfte auf den Krieg gegen die USA, Großbritannien und die Niederlande vor. Das Weiße Haus verfolgte während der nächsten elf Monate die japanischen Kriegspläne über die abgehörte und entschlüsselte diplomatische und militärische Kommunikation. Die von den USA und ihren Verbündeten betriebenen Überwachungsanlagen fingen Tag für Tag mehr als 1000 japanische Funksprüche ab. Der Inhalt wurde ausgewertet und für das Weiße Haus zusammengefasst. Die Zusammenfassungen der Station CAST auf Corregidor Island waren stets aktuell - im Gegensatz zu den Behauptungen einiger Leute, die behaupteten, die Funksprüche seien erst Jahre später entschlüsselt worden - und sie waren eindeutig: Pearl Harbor würde am 7. Dezember 1941 angegriffen werden, und zwar von japanischen Streitkräften, die im zentral- und nordpazifischen Raum vorrückten." Anm.23
Korvettenkapitän Arthur H. McCollum war der Leiter der Fernostabteilung im Marinegeheimdienst (Office of Naval Intelligence, ONI) und einer der führenden amerikanischen Japan-Experten. Seinen Acht-Punkte-Plan für Kriegsprovokationen an die Adresse Japans fasste er in einem Memo für zwei von Roosevelts engsten militärischen Beratern zusammen. Hier der Wortlaut:
"A. Schließen Sie ein Abkommen mit Großbritannien über die Nutzung britischer Marinestützpunkte im Pazifik durch die amerikanische Flotte. Am wichtigsten ist dabei Singapur.
B. Treffen Sie ein Abkommen mit den Niederlanden zur Nutzung von Stützpunkteinrichtungen und zum Erwerb von Nachschub und Proviant in Niederländisch-Indien (dem heutigen Indonesein).
C. Lassen Sie der chinesischen Regierung unter Tschiang Keischek jede erdenkliche Unterstützung zukommen.
D. Entsenden Sie ein Geschwader mit schweren Kreuzern von großer Reichweite in den Orient, zu den Philippinen oder nach Singapur.
E. Schicken Sie zwei U-Boot-Geschwader in den Orient.
F. Konzentrieren Sie die Hauptstreitmacht der gegenwärtigen US-Pazifikflotte in der Umgebung der Hawaii-Inselgruppe.
G. Bestehen Sie darauf, dass die Niederlande die japanischen Forderungen nach unangemessenen wirtschaftlichen Zugeständnissen ablehnen, insbesondere, wenn es um Erdöl geht.
H. Verhängen Sie ein vollständiges Handelsembargo über Japan und koordinieren Sie dies mit einem ähnlichen, vom britischen Empire verhängten Embargo." Anm.24
Hauptmann Dudley Knox, der Leiter der ONI-Bibliothek, erhielt dieses Memo ebenfalls und gab es an Hauptmann Walter Anderson, den ONI-Direktor, weiter. Dabei sagte er zu McCollum: "Ich stimme mit Ihren Vorschlägen überein." Anm.25 Es ist eine historische Tatsache, dass die Regierung Roosevelt die hier vorgeschlagenen Maßnahmen fast in allen Einzelheiten umgesetzt hat. Dies hat Stinnett gut belegt.
Daryl S. Borgquist war Presseoffizier bei der US-Marinereserve und arbeitete in derselben Funktion (Media Affairs Officer) auch für das Hauptquartier bei Community Relations Service im Justizministerium. Ihm verdanken wir eine weitere gute Beschreibung der Ereignisse aus einer anderen Perspektive: "Präsident Franklin D. Roosevelt bat die Leitung des Amerikanischen Roten Kreuzes vor dem japanischen Angriff am 7. Dezember 1941 um die heimliche Entsendung medizinischen Materials nach Pearl Harbor:"
"Don C. Smith war der Leiter des Kriegsdienstes beim Roten Kreuz in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und stellvertretender Verwaltungsleiter des Dienstes für die Streitkräfte von 1942 bis 1946. Als er sein Verwaltungsamt übernahm, kannte er den Zeitpunkt des Angriffs offensichtlich bereits. Leider starb Smith 1990 im Alter von 98 Jahren. Seine Tochter Helen E. Hamman sah jedoch Berichte über die Bemühungen der Familie von Husband Kimmel und Walter Short, die das Ansehen der beiden Kommandeure von Pearl Harbor in gebührender Form wiederhergestellt sehen wollen. Helen Hamman schrieb am 5. September 1995 einen Brief an Präsident Bill Clinton, in dem sie sich auf eine Unterhaltung mit ihrem Vater bezog:
'Präsident Roosevelt bestellt ihn (Smith) 1941 kurz vor dem Angriff zu einer Besprechung mit höchster Geheimhaltungsstufe ins Weiße Haus. Bei dieser Besprechung informierte der Präsident meinen Vater über Erkenntnisse der Geheimdienste zu einem unmittelbar bevorstehenden Angriff der Japaner. Der Präsident rechnete mit zahlreichen Toten und Verwundeten und hohen Materialverlusten. Die Leute sollten sich dort für die Einschiffung bereithalten, ein Ziel wurde nicht genannt. Der Präsident liess nach dem Eindruck meines Vaters keinen Zweifel daran, dass auf Hawaii weder die Verantwortlichen bei der Marine noch die anderen Waffengattungen informiert werden durften. Mein Vater durfte auch die in diesem Gebiet bereits stationierten Rotkreuzoffiziere nicht unterrichten. Als er sich deshalb bei Präsident Roosevelt beschwerte, erhielt er zur Antwort, das amerikanische Volk werde dem Kriegseintritt in Europa erst zustimmen, wenn ein Angriff auf eigenes Staatsgebiet erfolge.
Er (Smith) war in höchst geheime Operationen eingeweiht und arbeitete mit all unseren führenden Persönlichkeiten direkt zusammen. Er befolgte die Befehle eines Präsidenten, aber viele Jahre lang hat er über diese Handlungsweise nachgegrübelt. Er hielt sie unter ethischen und moralischen Gesichtspunkten für falsch. Ich kenne die Familie Kimmel nicht, verfolge keine eigenen Interessen und hätte keinen Nutzen davon, eine solche Geschichte zu erfinden. Allerdings bin ich der Ansicht, dass jetzt die Zeit gekommen ist, diese Verschwörung öffentlich zu machen und Admiral Kimmel in allen Anklagepunkten zu entlasten. Vielleicht werden dann er und mein Vater in Frieden ruhen.'"
Borgquist dokumentiert das Vorabwissen der US-Regierung und die gegen Japan gerichteten Provokationen, die zum Angriff führten, in einem detaillierten historischen Bericht. Dieser wurde in der angesehenen Zeitschrift Naval History des U.S. Naval Institute veröffentlicht und stützt sich ausschließlich auf eine Analyse der Beziehungen zwischen der amerikanischen Regierung und dem Roten Kreuz. Anm.26